HEXIS
PROJEKTSEITE
HEXIS
THEORIE
HEXIS ist das altgriechische Wort für »Zustand«. Zustand, das meint eine Situation des Stillstandes. Eine Lage in der Bewegungen statt haben, in der aber zugleich sich nichts verändert. Ein Äquilibrium, eine Stasis. Die Bewegungen wiederholen sich und der Zustand erhält sich aufrecht.
Diese HEXIS ist der Endzustand der ökonomischen und rationalen Moderne. Die eine Welt hervorbringt, in der es eine unabschließbare Menge an Bewegungen gibt, aber jene Bewegungen keine Unterschiede mehr produzieren. Es gibt noch Ereignisse, aber keines dieser ändert etwas. Die Bewegungen wiederholen sich einzig, um die Zustände aufrecht zu halten. Und alles kollabiert allmählich in der immer gleichen Gegenwärtigkeit. Die Welt ist ins Funktionale gerutscht.
»Das Immer-wieder-von-vorn-Anfangen ist die regulative Idee des Spiels (wie der Lohnarbeit).«
Walter Benjamin
Die Wiederholungsbewegung, durch die sich die HEXIS auszeichnet, ist die Grundbewegung aller Modi der Moderne: Wachstum existiert nur, wenn es wiederholt wird, wenn auf Wachstum Wachstum folgt. Arbeit existiert, um an ihrem Ende wieder zu beginnen. Konsum erfüllt seinen Sinn nur, wenn er immer wieder geschieht. Der Kapitalmarkt besteht nur, solange Geld hin und her geschoben wird. Geld nur, solange es getauscht wird. Wert nur, solange investiert, hergegeben wird. Fortschritt nur, solange unablässig das Bestehende, überboten, umgestürzt, nivelliert wird. Was ist, ist nur gut, solange es sich in Bewegungen der Wiederholung aufrecht hält. Unablässigkeit der Revolution. Unablässigkeit der Krise.
Es ist irrelevant, was gearbeitet wird. Hauptsache es wird gearbeitet.
Es ist gleichgültig, was konsumiert wird. Hauptsache es wird konsumiert.
Es ist gleichgültig was geschieht. Hauptsache etwas geschieht.
»Die Wiederholung desselben Aktes,
indem er einer Anzahl von Opfern gegenüber indifferent durchexerziert wird, verbürgt die Qualität des Aktes.«
Pierre Klossowski
Alles ist in Bewegung. Und zugleich geht nichts voran. Die Ereignisse sind verschwunden. Nur ihr Anschein ist übrig. Die Bewegungen selbst führen keine Unterschiede mehr ein. Alles gibt sich her, muss sich hergeben. Aber es bleibt nichts. Nichts als die ewige Bewegung. Den ewigen gleißenden Mittag, in dem die Schatten kurz sind und das Licht im Zenit steht.
HEXIS
DAS ALBUM
Das Album »HEXIS« geht dieser Bewegungsstruktur der Moderne nach. Es sucht, forscht, um die Deprivation, die Gewalt und den Charakter dieser grundlegenden Bewegungen unserer Gesellschaft greifbar zu machen.
HEXIS
ZUR WIEDERHOLUNG
Da die moderne Grundbewegung die der Wiederholung ist, noch einige Notizen zur Wiederholung, die als Ausgangspunkt, Anreiz und Reibungsfläche für die Auseinandersetzung dienen.
»Durch die Wiederholung wird das, was im Anfang nur als zufällig und möglich erschien, zu einem Wirklichen und Bestätigten.«
G.W.F. Hegel
»Betrachten wir nun das Residuum der Arbeitsprodukte [d.h. die abstrakt menschlicher Arbeit]. Es ist nichts von ihnen übriggeblieben als dieselbe gespenstische Gegenständlichkeit, eine bloße Gallerte unterschiedsloser menschlicher Arbeit, d.h. der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft ohne Rücksicht auf die Form ihrer Verausgabung. Diese Dinge stellen nur noch dar, dass in ihrer Produktion menschliche Arbeitskraft verausgabt, menschliche Arbeit aufgehäuft ist. Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie Werte — Warenwerte.«
Karl Marx
»Das Auseinandergelegte wird ein abstraktes, das Partikularisieren ist ein Abstrahieren; kenne ich alles, was der Gegenstand als konkreter in einem erhält, so mache ich ihn zu einem abstrakten.«
G.W.F. Hegel
WIEDERHOLUNG
Die Wiederholung ist ein Zustand. Ein Zustand in dem es noch Bewegungen und Ereignisse gibt, diese aber keinen Unterschied mehr einführen. Die Wiederholung ist das Bild einer rein funktionalen Wirklichkeit, in der die Bewegungen der Einzelnen, ihre Leistungen keinen Unterschied mehr machen. Aber unentwegt geleistet werden müssen. Denn dass es Bewegungen (Arbeit, Wachstum, Veräußerung, Produktion, Kommunikation, Daten,…) gibt, ist unabdingbar.
WIEDERHOLUNG ALS KONFORMITÄT
Die Wiederholung hat einen ordnenden, integrativen Charakter. Wiederholung ist auch Bestätigung und darin Anbindung ans Bestehende. Was sich wiederholt, wird gesetzt, markiert als »Identisches«, behauptet eine Wiederkehr, eine Gleichheit. Einen Bezug auf sich, darauf schon einmal gewesen zu sein. (Etablierung einer Folge, einer Struktur, einer Bejahung). So wie in der Musik, dasjenige, das sich wiederholt, als eine Figur erkennbar wird und sich damit zugleich in das Musikstück integriert, weil es identifizierbar wird im Zusammenhang. Die Abweichung, die sich nicht wiederholt, wird nur als Störung, als Fehler oder Scheitern identifiziert. Wiederholt es sich jedoch, erscheint es als Motiv, als in einem bestimmten Kontext zur Ordnung und damit als Teil der Ordnung. Die Wiederholung erhält und produziert Gleiches und bindet das Geschehen an eine Ordnung, in welcher es erscheint. Wiederholung produziert Konformität. Die Auslöschung der Unterschiede.
Wiederholung fundiert den status quo. Selbst dann, wenn sie als Serialisierung, als Programm oder Algorithmus ein Spiel der Differenzen und des Zufalls in sich begreift. Denn die Wiederholung ist die allgemeine Funktion unter die Zufall und Differenz integriert, in jene aufgehoben, d.i. aufgelöst wurden.
WIEDERHOLEN / ZERLEGEN
Was man wiederholt, hat man zuvor zerlegt. Nur was begrenzt, beschnitten, herausgerissen wurde, nur dasjenige, dem man ein Ende gemacht hat, lässt sich wiederholen — und man wiederholt im Wiederholen, in jeder Wiederholung, jenes Setzen eines Endes. Grenze, Begrenzung, Zerlegung, Einheit, Isolation, setzt [sic!] die Wiederholung voraus. Ist, was Wiederholung in der unablässigen Bewegung setzt, bestätigt, austrägt. Zweifache Gewalt: Zerlegung, Ende und die iterative Setzung (Behauptung, Einprägung) dessen in die Gegenwart. Die Zerteilung, Zerlegung, Auflösung in die Gegenwart einzuführen und sie derart zu abstrahieren. Und auf diese Weise zugleich der Zukunft (Alterität) und der Vergangenheit den Raum nehmend. So dass alle Zeitformen indifferent werden. Denn was stets als das Gleiche wiederkehrt, dessen Zukunft ist gleich seiner Gegenwart. Sie unterscheiden sich nicht länger.
WIEDERHOLUNG/ AUFLÖSUNG
Die Wiederholung des immer Gleichen, ist die Auslöschung der Unterschiede, des Sinns und des Individuellen.
Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut. Alles wird gut.
DAS SAMPLE ALS PRINZIP DER WIEDERHOLUNG
Das Sample ist ein Ausschnitt aus einem bestehendem Vermittelten. Das Sample ist in diesem Fall Schnipsel von etwas medial Vermittelten. Ähnlichem dem Zitat. Im Gegensatz zu jenem dient es als Konstruktionselement von Wiederholung. Das Zitat ist Beleg und erscheint nur ein, bis wenige Male. Das Sample dagegen belegt nicht primär, sondern ist Produktion aus Produziertem, es erscheint um wiederholt zu werden. Mit dem Sample verhält man sich im Raum des Abstrahierten und weitet, fundiert jenen als primären Raum der Bewegung. (Die vermittelten Bewegungen beginnen sich auf sich selbst zu beziehen. Das Sample als Auszug aus dem Medialen wird zur Produktion von Medialem verwendet: Selbstoszillation) Indem die abstrakte Erfahrung das Material der Produktion wird, sich aus bereits Vermitteltem zusammensetzt, setzt man nur bereits Produziertes in Verhältnisse. Zerstückeln, neu anordnen und wiederholen sind die Gesten dessen. Der Raum der Wiederholung (und der Abstraktion) weitet sich, während der Raum des Wiederholten sich verengt. Bis das Residuum auf dem es beruht (Leben/Erfahrung) überhaupt nicht mehr erscheint. Bis es nichts mehr gibt ausser Vermitteltes. Anders formuliert: die Produktion beginnt sich zu Konsumobjekten zu verhalten, aus jenen zu speisen. Produktion und Konsumtion werden ununterscheidbar.
WARE/WAHRHEIT
Das Wahre ist das Abstrahierte, denn nur dies kann den Kriterien der Wahrheit, wie etwa dem Satz der Identität (Wiederholbarkeit) oder der Unbedingtheitsforderung, der Atemporalität, entsprechen. Das Abstrahieren aber ist zugleich ein verdinglichen. Denn was abstrahiert wurde, dafür gibt es einen Begriff, definierbare Grenzen, das wurde herausgetrennt aus dem Fluss des Seins als etwas, es lässt sich benennen und vergleichen. Es wird zum Objekt, etwas auf das es Zugriff gibt. (Und sei es nur begrifflich, indem man das derart Abstrahierte in seiner Abwesenheit verhandeln kann). Das einen Wert erhält, weil es als Objekt vergleichbar wurde (qua Abstraktion) zu anderen Objekten. (Das Ununterscheidbare ist nicht vergleichbar). Das Abstrahierte wird im Angersicht seiner Verbegrifflichung, der Wahrheit, zur Ware.
SUBJEKT/OBJEKT
Damit etwas ökonomischen Wert haben kann, muss es als bestimmte Quantität erscheinen. Als Einzelheit. Eben dies zu leisten, ist ein, vielleicht ungewollter, Moment von klassischer Bewusstseinsphilosophie. Dadurch dass das Allgemeine ins Subjekt, als Vernunft und ego cogito, zieht, wird dieses erst als Einheit hervorgebracht. Die Erfindung des Individuums ist zugleich seine Verdinglichung. In dem Moment, in welchem es erscheint, ist es veräußert, d.h. potentiell handhab- und wertbar. Und je mehr man es zerlegt und sichtbar macht, desto mehr wiederum kann von ihm wert- und handhabbar gemacht werden. - Man kann sich also die Frage stellen, ob das Erscheinen des eigenständigen Subjektes auf der Bühne der Welt, nicht ein Moment einer allgemeinen Ökonomie ist.