EINLEITUNG

REVERB

THEORIE

Der Raum des Halls ist nicht leer, sondern voll von all dem was Abwesend ist.

 

 

Generierung des Pseudo-Raumes durch Zerlegung und Wiederholung des Halls.

DELAY

THEORIE

Das Echo taktet

die Zeit, zerteilt sie in diskrete Einheiten.

ECHO

THEORIE

»Nur Stimme

 und Knochen

sind übrig.

Die Stimme blieb,

die Knochen sind,

so erzählt man,

zu Steinen

geworden.«

 

Ovid (Tod der Echo)

 

RAUSCHEN

THEORIE

»Kühles Wasser rauscht (κελάδει) an den Apfelzweigen leis’ vorbei, im Schatten der Rosensträucher liegt der Hang, von wiegenden Blättern senkt sich Schlummer hernieder.«

 

Sappho

WDHID

PROJEKTSEITE

Das Album »WDHID« befasst sich mit den Phänomenen Wiederholung und Identität, welche beide Momente der Abstrakttion und Funktionalisierung sind. Die musikalischen Mechanismen dessen sind der Reverb (Hall), das Delay und das Rauschen. Zur Theorie hinter dem Alben finden sich hierzu jeweils einige Reflexionen.

Was ist Reverb/Hall? Eine Simulation von Räumlichkeit, d.i. Körperkichkeit, ein Nicht-Ort, Nicht-Körper, eine Nicht-Weite.

Die Wahrnehmung besetzen mit einem Nicht-Raum, Sein mit einem Nicht-Sein verschmelzen, das zugleich Weite, Raum als Empfindung, eine Freiheit, in die Sinne, die Erfahrung legt, wo jene, wo Raum nicht ist und nicht sein kann. (Wo im Realen gerade kein Raum gestattet wird). Vertröstung (und Versöhnung), während Nicht-Sein Raum hält. [So wie das Bild einen »Raum« »gibt«.]

 

Zugleich eine Form der Wiederholung (der Signale), eine Form des Echos, und in dieser Wiederholung eine Vermischung von Gegenwart, Präsens und Vergangenheit. Das was war und das was ist, wird zu einem Gemisch das Raum hält. Eine Walzung die jedes Element in einer Präsenz aufrecht erhält. Soweit, dass sich in ihm die Grenze einzelner Elemente auslöscht, man nicht mehr weiß, wann/wo hebt der eine Ton an, wann/wo hört er auf. Ist das ein neuer Ton oder die Wiederholung eines Dagewesenen?

 

Jeder Ton ist im Hall durch und durch vermittelt.

 

Diese »Weite«, dieser Raum entsteht, er erscheint überhaupt erst, durch die Wiederholung (akustischer Momente) und so durch die Nivellierung der Unterschiede. Das Wiederholte behauptet sich, somit das Identische, weil immer gleiche, indem durch das Auswalzen/Wiederholen die Differenzen sich in ein Gleichmaschiges aufzulösen.

 

Somit sind in der Grundbewegung des Halls/Reverb alle Momente der Abstraktion versammelt. Und zugleich steckt darin das Versprechen der Abstraktion als ein plastisch Fassbares. Die Freiheit die es zu geben scheint. Es entsteht ein Raum und man kann sich darin verlieren, im Hören, im Konsum. Ein vorscheinlicher Raum, der damit einhergeht, dass man keinen Raum mehr hat. Einen Raum erfährt, in dem man nicht handeln kann. Ein Raum in welchem sich die Sinne nicht äußern, realisieren können und nur als Empfänger (Konsumenten) behaupten. Die Sinne, die Handlungen werden von jenem eingenommen. Und zugleich wird man bewegungsloser Empfänger. So löst sich ins Eingehen in jenen der eigene (Handlungs-) Raum doppelt auf.

 

Was sich in der Bewegung des Halls erhält, sind nicht so sehr die einzelnen klanglichen Elemente als vielmehr ihre Abstraktion. Der Hall bewahrt nicht in dem Raum, den er erscheinen lässt, er löst (das Einzelne) auf, um jenen Raum erscheinen zu lassen. Er überführt in eine andere Qualität. (Genau wie das Bild oder andere Abstraktionsbewegungen).

 

So ist der Hall/Reverb Bild der Funktionalisierung, wenn die Bewegungen sich in einer allgemeinen Bewegung erschöpfen. Wenn sie zu Momenten einer Funktion(alisierung) werden, zu Variablen, die nichts anderes mehr in ihrem Sein leisten als die Funktion zu erfüllen, d.h. sie aufrecht zu erhalten. (Auf ähnliche Weise ist jede Harmonie eine solche Auflösung, die in einer Funktion, im Aufgehen der einzelnen Elemente in jener Bewegung des Ganzen, jenes immer bestätigen und sich in ihm aufheben, an jenes ihr Sein abgegeben haben. So wie der Hall walzt und in der Auslöschung der Unterschiede betreibt eine Unschärfe ausbreitet, genauso kann dies von der Harmonie gesagt werden. Der Hall, wie »die Harmonie nimmt allem die Schärfe« (Michel Serres).

 

Der Hall, wie das Delay, realisiert in seiner Konsequenz, Bewegungen in denen die Unterschiede der Bewegungen eliminiert, wie auch der Unterschied der Zeit aufgelöst wird. Es etabliert jene Stasis, die zugleich eine Perspektivlosigkeit, eine Erstarrung trotz Aufrechterhaltung von Bewegung darstellt. Eine unablässige Bewegung (unendliche Arbeit), in der doch alles still steht, jede Bewegung erstickt, nicht voran kommt, sich wiederholt und unablässig verletztbar bleibt, immer auf dem Spiel steht. Also einen reinen Zustand.

 

Hall bildet auch eine Zeit ab, die keine feste Gegenwart mehr besitzt, sondern ein filigranes Ausfransen, in das Spuren aus allen Zeiten und Orten hineinragen. In dem Gegenwart sich auswalzt, in einer Mischung aus Weichzeichner und Splittern. Der Raum des Halls ist nicht leer, sondern voll von all dem was Abwesend ist. Das akustische Signal macht sich breit, wiederholt sich und löst sich auf, seine Differenz verschwindet und geht ein in den Effekt einer melancholischen Weite. Es ist ein Raum einer leeren Gegenwart und dabei selbst nur ein (akustisch) simulierter Raum, eine akustische Weite, eine Höhle. Vielleicht bildet der Hall unsere Realität ab. Diese gespenstische Gegenwart, die von so vielem vermittelt ist und schon halb oder mehr von der Realität sich gelöst hat. Hin zu Virtuellem, zu Netzwerken und Displays in denen wir Leben. Auf abgezogene Häute von Bildschirmen, ohne Berührung, überquellend von Distanz, während Nähe und Unmittelbarkeit nur als Vermittelte erscheinen.

 

Jene Vermitteltheit, aus dem der »Raum« des Halls entsteht, ist der aseptische Raum der Abstraktion, der alles Differente infiziert und aufgelöst hat.

Der Delay basiert auf der reinen Wiederholung eines Signals. Er ist die Funktion der Wiederholung. Der Bestätigung dessen was ist.

 

Wenn der Reverb (der Hall) der simulierte Raum, die leere virtuelle Weite einer nichtaktualisierbaren, selbstreferenziellen Gegenwart, einer Abstraktion ist, so ist das Delay die Geste der Wiederholung. Es verkörpert, wie der Hall die leere Gegenwart in einer Funktion, die Serialisierung in jener. Das Delay ist die Wiederholung, bis zur Auflösung, darin gleicht sie dem Hall, und verkörpert die Wiederholung in der wir uns immer befinden. Es ist das Grundmuster einer ökonomischen Gesellschaft, die im Wiederholungszwang von Arbeit, von Geld verdienen und Geld ausgeben, von Gewinn, Umsatzsteigerung und Inflation gefangen ist. In der die Sinne in ihrer Isolierung zu Kanälen des Konsums degradiert wurden. In denen wir in all jenen Wiederholungen (und den damit verbundenen Verdrängungen) von Konsum stecken, in der Wiederholung von Bildern und der eigenen Behauptung auf dem Markt, in der Wiederholung von Arbeit und Leistungsprinzip. Eines Marktes, einer Wissenschaft, eines rationalen Zuganges zur Welt, welche unendliche Arbeit verlangen, in denen unendlich gearbeitet werden muss (weil sie kein Ziel, Ende kennen, nur eine Steigerung, nur mehr »Gewinn«, mehr »Wissen«. So wie mathematische Funktionen und Algorithmen kein Ziel kennen, sondern immer aktualisiert, verwendet werden wollen - immer und immer wieder; so wie die visuelle Zerlegung der Welt keine Grenze kennt in der Wissenschaft, sondern immer nur höhere Grade der Detailproduktion), und dem wir nur durch unsere Endlichkeit, unseren Tod entkommen. Wiederholung und Serie sind die Momente des Delays und zugleich verkörpert dieser im langsamen Verebben, wie unsere Gegenwart sich in der simulierten Bewegung der Wiederholungen als leerer Raum, als gespenstisches Präsens hält.

 

Reproduktion von Gegenwart

Indem der Delay den immer gleichen Moment wiederholt, verbindet er, was ist, mit dem, was es selbst gewesen sein wird. Die Gegenwart walzt auch hier in Dopplungen, in Vervielfachungen sich aus und löst so zeitlichen Verlauf auf. Bis die Wiederholung des Delays so hochgedreht werden, dass aus ihnen das schrillende Feedback einer zusammenstürzenden Gegenwart und endlosen Wiederholung heraus aufschreit. Der Modus einer Zeit, die unendlich vermittelt und zerstückelt ist. Aller Raum eingenommen wurde von der gleichen Bewegung, die alle Elemente, die in sie eingegangen sind, unterschiedslos sich einverleibt hat.

 

Die Selbstoszillation (das Feedback) das am Extrem des Delay eintritt, verkörpert die reine Abstraktion, die volle Einlösung der Bewegung der Wiederholung. Jenes Nicht-Sein, die schrille Negation von Sein, eines Seins, das nur noch das Nicht-Sein, die Auflösung kennt, oder räumlich formuliert, die »entortete Verortung«, reine Abstraktion. In dem die Signale in der Identität aufgehen und Ununterscheidbar werden. So wie das absolut Abstrahierte Fülle und Leere zugleich ist. Optisch: der Median, eine homogene graue, extrem laute Fläche.

 

Der Delay verkörpert akustisch, was es für das endliche Wesen heisst in eben jene Abstraktion einzugehen. In der voll realisierten Abstraktion, im voll aufgedrehten Delay (und das gilt auch für den Hall), der alleinigen, reinen Wiederholung ist keine Äußerung, keine Unterscheidbarkeit, kein Leben mehr möglich. Aber genau zu diesem Zustand tendiert jedes System, jede Abstraktion.

 

 

 

Am Ende des Delays existiert nichts Kontingentes mehr.

 

 

 

Auch für das Echo (Delay) gilt, was für andere Arten der Wiederholung zutrifft: es ist eine Technik der Zerlegung, der Teilung, der Produktion von isolierte Größen. Was man wiederholt, muss man zuvor zerlegt haben. Im Falle des Echos ist nicht nur das Wiederholte ein zerteiltes und isoliertes Objekt, ein Veräußertes, sondern das Echo zerteilt zugleich die Zeit. Indem es die Zeit taktet, in jene die veräußerten Größen einem Rhythmus, einer temporalen Struktur nach setzt, zerlegt es die Zeit selbst in diskrete Einheiten. Zeit selbst wird veräußert, verdinglicht, zu einer abstrakten Größe.

 

 

 

Der Hall ist die Unschärfe.

Das Echo die Zerstückelung.

 

 

 

Der Hall produziert Abstraktion in der Indifferenz. Das Echo in der Zerteilung und Produktion diskreter Größen und der Wiederholung. Es abstrahiert, wie die Maschine.

»Damals war Echo noch Leib, nicht Stimme nur, doch ihrer Stimme hatte nur den Gebrauch die Geschwätzige, den sie noch jetzt hat, dass sie von vielen Worten die letzten nur kann wiederholen. [...] Und sie [Juno] tut, wie gedroht. Nun verdoppelt Echo der Reden Ende und trägt nur die Worte zurück, die sie vorher gehört hat.«

 

Ovid Metarmophosen

3,358ff

 

Das Echo als Eroberung des Raumes. Ausbreitung qua Wiederholung. Persistenz des Sendens. (Hall oder Reverb illustrieren dieselbe Besetzung und Ausweitung des Raumes. Etablierung eines Raumes der Wiederholung, Auflösung und Zugriff, Dichtheit des sich wieder-holenden Signals). Die Überschreibung des akustischen Raumes mit einer Identität (Wiederholung und Setzung/Behauptung des Gleichen).

 

 

»Orpheus füllt mit diesen Echos die lichtlosen Täler

und Galerien der Hölle.«

Michael Serres

 

Auch hier ist das Echo vor allem eine Form des Nicht-Seins. Es reproduziert was war, d.h. das was abwesend ist, um jenes Nicht-mehr-Seiende in Anwesenheit zu halten. Ein untotes Signal. Der Aufschub des Verschwindens einer gewissen Präsenz, die Schaffung eines Raums, in dem sich, was kein Sein mehr hat, Raum schafft, Sein hält.

 

»Doch Narziss flieht und ruft im Fliehn: »Nimm weg von dir meine Hände! Eher möchte ich sterben, als daß ich würde dein Eigen!« Da gab Echo nichts zurück als: »Daß ich würde dein Eigen!««

 

Narziss schreckt zurück vor (dem) Echo, vor jenem Ergreifen des Raumes eines Nicht-Sein, das als solches »gespenstisches« ihm nichts anderes hat ankündigen können als seinen eigenen Tod. Ja, viel ärger: sein eigenes Nicht-Sein. Ein Nicht-Sein, das sein Leben ausschließt während er (etwa in unendlichen Bewegungen der Wiederholung) noch »ist«. Seine Bewegungen in Abstraktionen (jenem Untod) aufgehen.

 

Das Echo existiert nur in einer Auswölbung eines Raumes. Im Tal, in der Höhle. Dort, wo das Akustische zurückgeworfen wird, sich reflektiert. Es braucht den Fels, die Mauer, die Grenze. Es ist ein Phänomen einer bestimmten Geschlossenheit (und des Sich-Schließens), in der es reflektiert, zurück geworfen wird. Zurückkehrt. Noch ist, wenn es nicht mehr ist. Das sich vermittelt als Abwesendes in die Anwesenheit. Es verschwindet und erscheint. Ist im Nicht-Sein. Aufgelöst und aufgeschoben. Sein des Nicht-Seins, das sich das Sein einverleibt hat.

 

Und umgekehrt gibt das Echo in seiner technischen Reproduktion, in der Aufnahme, im Effekt, den man anwenden kann, einen virtuellen, einen simulierten Raum wieder.  Beendet die Bewegungen, setzt Wiederholung, schafft eine Grenze und schließt ab.

Eine virtuelle Auswölbung, eine Höhle des Konsums. Einen Nicht-Raum, der keinen Raum gibt, sondern in der Konsumtion eine Weite fingiert, das Gefühl einer solchen gibt. Raumgeben, wo keiner ist, ohne je wirklich Raum zu geben. Und doch ein Ende zu setze. Thanatos. (Zugleich Versöhnung damit, keinen Raum zu haben. Da sich am Zustand des Nicht-Habens nichts ändert).

Lärm, Indifferenz ist der getragene Zustand oder der Endzustand der Selbst-Oszillation (z.B. beim Delay), wenn die akustischen Signale sich selbst perpetuieren, wenn alles in die (formale) Identität und die Wiederholung seiner selbst hinabsinkt. Die reine Identität ist keine einfache Leere, sondern ein brüllender Lärm der Auflösung alles anderen.

 

Rauschen ist Ziellosigkeit und Wiederholung. Es ist Bewegung und Stillstand zugleich. Es ist die Leinwand, auf die sich unser Bewusstsein legt. Auf die unabschließbare und zusammenhangslose Folge von Bildern und Geräuschen, von Bewegungen und Ereignissen. Rauschen produziert Ablenkung, produziert Müdigkeit. Es beansprucht unsere Aufmerksamkeit, indem es sendet ohne zu senden. Es ergreift und formatiert die Räume. Den Raum des Bewusstseins mit seiner Bewegung, die nirgends hinführt. Den akustischen Raum, den es besetzt und in eine Höhle des Rauschens wandelt, indem es vor allen anderen Geräuschen verschliesst. So dass, in chaotischen Bewegungen des Rauschens, eine Art Ruhe aufscheinen kann. In der Monotonie des Lärms eine Ruhe sich ausbreitet. Ein wohliges Ersticken. Ein Untod. Die Abstraktion des Bewusstseins selbst.

 

Rauschen ist die akustische Wiederholung des Zufalls als Funktion. Abstraktion des Klanges. Nicht der Zufall, sondern die Abstraktion setzt sich durch. Oder auch: die unablässige Addition von Information, die Signale die sich gegenseitig überlagern kippen ins Rauschen. Rauschen = Indifferenz.

 

In der Natur: Rauschen der Blätter im Wind, ein Bach, Wasserfall, Regen (in unterschiedlichen Graden).

 

Höre ich das Rauschen des Regens, so ist es ein angenehmes Geräusch. Es lassen sich aus seiner Gesamtheit verschiedene Bewegungen heraushören. Und zugleich überschreibt es nicht alles andere Akustische. Man hört noch den Vogel zwitschern oder einen Passanten laufen. Es ist ein akustischer Teppich, der seine eigene Charakteristik besitzt. Er ist unterscheidbar vom Rauschen des Baches oder der Blätter im Wind. Je stärker er wird, desto dichter wird das Rauschen, desto gleichförmiger das Geräusch.

 

Nehme ich den Regen als Teppich wahr, so ziehe ich unbewusst aus dem Rauschen (den zufälligen Geräuschen der Regentropfen) ein neues Geräusch, das den Regen begleitet. Ich höre nicht nur den Regen, sondern den Regen als Teppich der Wahrnehmung. Und jener »Teppich« ist ein konstantes Geräusch im Gegensatz zum zufälligen und unterschiedenen des Regens oder der Momente des Regens. Im Rauschen nehme ich eine Homogenität war. Die Differenz des Regen-Geräusches wird in der Zeit eine stete, sie wird zu einem Gleichklang. Diese Homogenität die ich im Rauschen des Regens wahrnehme ist, was mein Hören aus den Zufälligkeiten des Regengeräusches abstrahiert oder ist es das, was sich als formale Identität durchsetzt? (Auch in mir durchsetzt, so wie es mein Bewusstsein im Rauschen auflöst, in einen Zustand trägt, in dem man die Zeit vergisst und keinen Bewusstseinsinhalt, keinen Konkreten, hält.)

 

Im Beständigen Hören des Rauschens wird die Wahrnehmung selbst abstrakt. Sie löst sich auf.

 

Das absolute Rauschen hat alle Signale in sich aufgenommen. Die unterschiedlichen Signale sind in ihm nicht mehr wahrnehmbar, sondern einzig die Indifferenz, die das Rauschen bildet. Die Unterschiede wurden aufgelöst in das abstrakte Geräusch des Rauschens. Es enthält keine Information mehr als nur die abstrakte formale des Rauschens an sich. Es ist ein Endpunkt. Ein Kippen der Unterschiede in Indifferenz. Des Konkreten ins Abstrakte. Jenes Rauschen ist selbst eine Identität, Identisches und zwar nur mit sich selbst. Es besitzt kein Außen mehr, da es alles Außen verschlungen hat. — Das Rauschen geht streng genommen nicht voraus, es kann also die Signale nicht aufnehmen, es ist der Effekt oder die Abstraktion die entsteht, wenn die unterschiedlichen Signale in eins vermittelt werden.

 

Nimmt man irgendeinen Moment des Rauschens so entspräche er folgendem Bild,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

einer Menge an Unterschieden, die nicht in einer sinnvollen Ordnung erscheinen. Betrachtet man jedoch den Verlauf der Bewegung des Rauschens, also jene Momente des Rauschens über die Zeit, so ergibt sich folgendes Bild

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

einer abstrakten Bewegung, der dem Rauschen inliegenden Auflösung. Es ist das adäquateste Bild der Abstraktionsleistung, die die Indifferenz hervorbringt (so wie der Begriff und das Bild indifferent vor dem Sein des Seienden sind).

 

 

Das Ergebnis der Selbstoszillation und des Rauschens ist dieselbe Figur der Indifferenz.

 

Das absolute Rauschen ist eine technische Erfindung. In der Natur gibt es (für unsere Wahrnehmung) kein absolutes Rauschen. (Selbst ein Wasserfall, der jenem sehr nahe kommt, lässt noch andere Differenzen zu). Ohne die Maschine kein Rauschen. Die Natur kennt keine Abstraktion, jene ist eine technische, mathematische, geistige Leistung. (Und die Produktion von absolutem Rauschen durch einen »Empfänger«, ein Mikrofon etwa, das die Schwingung aufnimmt und wiedergibt, d.h. vermittelt, ist eben nur eine der Technik).